Kurzprofil:

Die Forschungsgruppe Netzintegration & Erneuerbare Energiesysteme widmet sich der nahtlosen Integration erneuerbarer Energiequellen in moderne Stromnetze und der Bewältigung der Herausforderungen des Übergangs zu nachhaltigen Energiesystemen. Unsere Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung innovativer Lösungen, um die Netzstabilität, Zuverlässigkeit und Effizienz angesichts des wachsenden Anteils erneuerbarer Energien und der zunehmenden Dezentralisierung von Energiequellen sicherzustellen.

Schwerpunktfelder:

Spannung- und Leistungsflussregelung in elektrischen Energienetzen:

Der Lehrstuhl für Mechatronik und elektrische Antriebssysteme hat umfangreiche Kompetenzen auf dem Gebiet der Spannungs- und Leistungsflussregelung in elektrischen Verteilnetzen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Integration und der Reduzierung der Baugröße der Regler. Die Arbeitsgruppe forscht sowohl an Leistungsflussreglern für Wechselstrom- als auch an Gleichstromnetze. Bei den Forschungstätigkeiten werden sowohl die Hardware als auch die Software für die Leistungsflussregler untersucht. Dabei werden neben der Funktion als Regler auch Zusatzfunktionen, wie Kompensation von Oberschwingungen und Filtern sowie der Ausgleich von Unsymmetrien im Netz und das Verhalten der Regler in Fehlerfällen untersucht. Für die Forschung und Entwicklung stehen Laboreinrichtungen sowie eine Vielzahl von Test- und Simulationswerkzeugen zur Verfügung.

Warum braucht man Leistungsflussregler?

Die steigende Elektrifizierung im Rahmen der Energiewende hat zu einer zunehmenden Belastung der Niederspannungsnetze geführt. Dies liegt unter anderem an der wachsenden Zahl von Photovoltaikanlagen, Elektrofahrzeug-Ladestationen und anderen elektrischen Verbrauchern und Erzeugern. Diese Veränderungen führen zu einer stark schwankenden Netzspannung, die sowohl die Untergrenzen als auch die Obergrenzen der zulässigen Spannungsbereiche überschreiten kann, wie in der Norm DIN EN 50160 vorgeschrieben (±10 % der Netznennspannung).

Solche Netzprobleme entstehen vor allem, weil Erzeugung und Verbrauch oft zeitgleich, aber in unterschiedlicher Intensität auftreten. Während die Einspeisung durch PV-Anlagen die Spannung anhebt, senken Verbraucher wie Ladestationen die Spannung ab. Dies führt zu einem volatilen Spannungsprofil, das die Netzstabilität gefährdet und lokale Überlastungen hervorrufen kann. In Abbildung 1 ist eine solcher Fall dargestellt.

Etablierte Maßnahmen und ihre Grenzen:

Konventioneller Netzausbau:

Der Austausch oder die Verstärkung von Betriebsmitteln wie Transformatoren oder Leitungen kann zwar die Belastbarkeit und Spannungsstabilität erhöhen, ist jedoch oft mit hohen Kosten, zeitaufwendigen Baumaßnahmen und Beeinträchtigungen für Anwohner verbunden.

Regelbare Ortsnetztransformatoren (rONTs):

Diese Transformatoren können durch Anpassung des Übersetzungsverhältnisses die Spannung regulieren. Allerdings eignen sie sich nicht zur Steuerung von Stromflüssen oder zur Begrenzung thermischer Belastungen.

Spannungs- und Strangregler:

Diese Geräte können flexibel im Netz eingesetzt werden, um Spannungen zu regulieren, allerdings ohne eine direkte Steuerung des Stromflusses / Leistungsflusses.

Blindleistungsmanagement:

Die Kompensation von Blindleistung durch dezentrale Erzeugungsanlagen wird bereits angewandt, jedoch ist diese nicht ausreichend.

Netz-Topologieänderungen:

Eine Umstellung von strahlenförmigen (typische Bauweise von Niederspannungsnetzen, aufgrund eines einfach zu realsiereden Netzschutzes) auf vermaschte Netzstrukturen kann die Netzkapazität erhöhen und das Spannungsband verbessern, ist jedoch in ihrer Effektivität durch die Inhomogenität der Netzlast begrenzt. Siehe hierzu Abbildung 2.

Leitung 1 ist mit einem Strom von 220 A überlastet (typische Stromwerte in der Niederspannung gehen bis ca. 200 A) während Leitung 2 noch Kapazität hätte. Genau an dieser Stelle setzt das Konzept von Leistungsflussreglern an.

Wie funktioniert ein Leitungsflussregler?

Zur Erklärung des Funktionsprinzip ist in Abbildung 3 eine regelbare Spannungsquelle, die einen Leistungsflussregler darstellt, in einen Leitungsabschnitt mit der Impedanz ZAB zwischen den Knoten B und C integriert, die die Spannungen UB und UC, bzw.  aufweisen. Die Spannungsquelle erzeugt eine zusätzliche Spannungskomponente U+, die in Betrag und Phase (Winkel ϑ) regelbar ist. Die eingeprägte Zusatzspannung U+ bewirkt einen Zusatzstrom I+ der sich gemäß dem Superpositionsprinzip zu den bestehenden Leitungsströmen IAB und IAC addiert. Dies führt zu einer gezielten Umverteilung der Leistungsflüsse innerhalb des Netzes.

Abbildung 4 zeigt die Netzsituation aus Abbildung 2 mit einem Leistungsflussregler (Power Flow Controller = PFC).

Hochstromverbindungen für die Leistungselektronik:

Der Übergang zu erneuerbaren Energiequellen und die zunehmende Elektrifizierung von Mobilität und Heizung verändern die Funktionsweise der Stromnetze grundlegend. Während großflächige Kraftwerke schrittweise abgeschaltet werden, spielen verteilte Energieressourcen – wie dezentrale Erzeugungseinheiten, Speichersysteme und flexible Lasten – eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Netzstabilität.

Unsere Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung innovativer Lösungen zur Integration dieser dezentralen Energiesysteme in den Netzbetrieb. Dazu gehören die Entwicklung neuer Strategien für Systemdienstleistungen, wie die Frequenzstabilisierung, sowie die Erstellung fortschrittlicher Simulations- und Entscheidungsunterstützungstools für Netzbetreiber. Durch den Einsatz sektorübergreifender Modellierung und Echtzeit-Datenanalyse stellen wir sicher, dass dezentrale Energieressourcen zuverlässig zur Netzsicherheit beitragen – selbst bei Kommunikationsstörungen und schwankender Einspeisung.

Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und systemische Modellierung ebnen wir den Weg für eine widerstandsfähige, effiziente und zukunftssichere Energieinfrastruktur.